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Dieses Thema hat 6 Antworten
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Riffeth G. Hole Offline

Samsa



Beiträge: 2.349

19.01.2007 23:10
Jeffs Exekution - ein Fragment Antworten

Eine kleine Szene, die ich gerade zusammengeschrieben habe.
Es handelt sich um die Tötung von Jeff, einem halbwegs hochrangigen Mitglied der "Guerilla" (terroristische Vereinigung)
Adam ist ebenfalls Mitglied, und Sam ist bei Adam.
Sie sehen sich die Sache an ... sagt mir ein paar Eindrücke, auch, wenn ihr den Zusammenhang vll nicht ganz kriegt:

Jeffs Exekution

»Chordolysie. So heißt das Urteil.« Adam sah bitter drein.
»Das heißt?« Sam sah ihn an, eine Träne erschien in seinem Augenwinkel, wurde größer und größer, dann blinzelte er sie weg und sagte: »Tod durch den Strick.«
»Wir ... könnten ihn doch befreien! Wir haben hier von diesem Haus aus die perfekte Position, um in das Geschehen einzugreifen!«
»Vergiss es. Order ist Order. Keine waghalsigen Befreiungsaktionen. Dabei bekommen sie uns auch noch. Weißt du, jede Geisel, die die Patriarchen lebend in die Hände bekommen, ist ein riesiges Problem, weil diese Dreckschweine jeden Guerilla halb tot foltern, um jede noch so kleine Information über uns auszuquetschen. Deshalb sind ja unsere Kamikaze-Aktionen ziemlich häufig – wenn man keinen Ausweg mehr sieht, muss man sterben, und wenn, dann richtig. Dann nimmt man am besten noch ein paar Dutzend Elites mit. Und ... eine Kugel wird immer aufgehoben. Für den Fall der Fälle. Nur nicht dem Feind in die Hände fallen. Im Notfall schießen wir sogar auf unsere eigenen Männer, um sie nicht dem Patriarchat zu überlassen.«
Sam schwieg und starrte betreten zu Boden.
»Die machen wieder eine verdammte Show draus ... wirklich, ich finde diese Exekutionen so was von abartig. Wie ein riesiges Spiel, zum Amüsement der Masse, wie damals im alten Rom die Gladiatorenspiele.«
»Wir werden Jeff rächen.« Sam wusste keine besseren Worte.
Adam sah ihn an und lachte bitter. »Nein, Sam ... nein. Wir rächen niemanden, niemals. Das Projekt darf nicht gefährdet werden. Keine unnützen Aktionen. Order ist Order.«

Sie stellten sich zum Fenster, von dem aus sie eine Aussicht über den gesamten Platz hatten, jede Kleinigkeit beobachten konnten.
Er war voller Menschen ... überall standen sie da, erwarteten mit Ungeduld und einer perversen Abart von Vorfreude die Ankunft des Guerillas.
Der Galgen war ein furchterregendes Gebilde: Er war in etwa fünf Fuß Höhe auf einem Sockel platziert, der genauso nachtschwarz war wie er selbst, ein mindestens sechs Fuß in den Himmel ragendendes schwarzes Objekt, aus Holz und Metall – angeblich unbrauchbar gewordene Waffen, die eingeschmolzen worden waren.
Von dem Querbalken, der zwei Pfeiler verband, hing eine Schlinge aus Draht, wie eine Klaviersaite, die schon so vielen Menschen den Tod beschert hatte.
Von einem Moment zum anderen wurde es still auf dem Platz, die Menge teilte sich, machten eine Bresche für die zwei Dutzend Soldaten, zwischen denen eine in einen gelb-schwarz gestreiften Overall gekleidete Person mit gesenktem, kahlgeschorenen Kopf und hinter dem Rücken verbundenen Händen ging.
Sam kniff kurz die Augen zu, er wollte diese Person nicht als Jeff erkennen, er wollte ihn nicht so sehen, dennoch machte er die Augen wieder auf und wandte den Blick nicht ab; Jeff waren sämtliche Haare vom Körper rasiert worden, sein Gesicht war überzogen von Nähten und Narben, wie bestimmt der restliche Körper auch, die Augen waren eingefallen – eines davon zugeschwollen und tiefblau – und ausdruckslos, sein Hals und seine Arme, die aus dem Overall herauslugten, wirkten wie die Gliedmaßen eines Skeletts. Sam fiel auf, dass sein Mund nun, da er nicht mehr hinter dem Bart versteckt war, ziemlich klein wirkte.
Er und vier der Soldaten stiegen über eine Treppe zum Galgen, und er musste sich noch zusätzlich auf eine kleine, erhöhte Plattform stellen – seine Augen drückten noch immer rein gar nichts aus, er war wie ein Schäfchen auf der Schlachtbank, wie ein betäubtes Tier.
Die Metallsaite wurde um seinen Hals gelegt, während sich ein kleiner Mann mit Glatze direkt vor ihn platzierte und mit voller Stimme vorzulesen begann, welcher Verbrechen sich Jeff schuldig gemacht hatte: »Hochverrat, Angriffe gegen den Staat, Mord, Strafbare Handlungen gegen die Freiheit, Störung der Beziehungen zum Ausland, Strafbare Handlungen gegen die Staatsgewalt, Mitgliedschaft in einer vom Staat nicht geduldeten terroristischen Organisation, ...« es folgten einige, die Jeff nie begangen hatte, dann verlas der kleine dicke Mann das Urteil: »Chordolysie. Tod durch den Strick.«
Der kleine Mann verließ das Galgenpodium und machte einem Priester Platz, der letzte Worte sprach, die Sam nicht eindeutig verstand, ein Kreuz schlug und dann ebenfalls ging.
Ein Kommissar stand plötzlich neben Jeff, Sam hatte ihn gar nicht kommen sehen.
Er schrie etwas, hob die Hand, schrie wieder etwas, wartete einen Moment und ließ dann den Arm ruckartig sinken, als wolle er mit der Handfläche ein unsichtbares Band durchtrennen.
Ein Elitesoldat riss an einem Hebel an, und in diesem Moment öffnete sich die Falltür unter Jeff.
Ein Knarren, ein kurzes Keuchen, absolute Stille. Kein Ton, Jeff versuchte, zu strampeln, doch seine Füße waren zusammengekettet und seine gefesselten Hände am Rücken festgemacht. Kein Ton, nicht einmal die Gefangenenkluft schien ein Geräusch von sich zu geben. Nur dieses hilflose Strampeln, während er hin- und herpendelte und sich die dünne Metallsaite immer weiter in seinen Hals fraß, plötzlich wurde es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, laut: Das Volk begann zu brüllen und zu johlen, zu grölen, den Guerilla mit den schlimmsten Beschimpfungen zu verwünschen, ihn mit Dreck, Steinen und anderem zu bewerfen, während seine Bewegungen immer schwächer wurden, immer langsamer, und mit ihnen hörte auch das Volk langsam wieder auf, und schon bald rührte er sich nicht mehr.
Adam wandte sich mit einem verzweifelten Wimmern ab, doch Sam konnte nicht wegsehen.
Dutzende solcher Hinrichtungen hatte er schon mitangesehen, doch noch nie aus dieser Sichtweise. Ihm war dieses Prozedere immer herzlich egal gewesen, er war des öfteren dabei gewesen, doch hatte nie einen solchen Aufstand gemacht. Nun sah er alles aus der Sicht des Opfers. Ein letztes Mal verkrampfte sich noch jeder Muskel in Jeffs Körper, dann – nichts mehr.
Einen Moment wieder reine Stimme, dann begann das Volk zu jubeln, zu plaudern, wegzugehen. Wieder einer weg.
Der Kommissar erwachte aus der Starre, in der er sich während Jeffs Agonie befunden hatte, zog einen Revolver und schoss ihm eine Kugel durch die Schläfe.
»Tot. Holt ihn runter.« damit verließ auch er den Platz, während sich die Soldaten um die pendelnde Leiche versammelten, um sie vom »Strick« zu befreien.
Sam schloss die Augen, leise hörte er Adam hinter sich schluchzen.



Aktion - Reaktion

_angel_ Offline

Sitophil


Beiträge: 133

20.01.2007 17:55
#2 RE: Jeffs Exekution - Intermission Antworten

Den Text habe ich in Ergänzung zu dem von Felix geschrieben. Er soll die Sicht von Jeff darstellen. Falls irgendwas nicht stimmt (durch Mangel an Informationen, was auch immer) bitte darauf hinweisen...

Chordolysie, Tod durch den Strick - das ist es, was mich erwartet. Langsam gehe ich zwischen den Soldaten, die mich zu meinem Hinrichtungsplatz bringen. Meine Gedanken wirbeln wild durch meinen Kopf, doch ich versuche nicht einen von ihnen festzuhalten. Ich weiß wovon sie handeln. Meine Familie, von der ich mich vor Jahren abgewandt hatte, meine ehemaligen Freunde, allesamt Patriarchentreu und ergeben, die Guerillas, die mir seit fast zwölf Jahren zu einer neuen Familie geworden sind, der Überfall vor einigen Tagen - waren es Tage gewesen? - bei der mich die Soldaten, wie jene, die mich jetzt schweigend zum Galgen brachten, gefangen genommen hatten. In diesen Tagen, - oder waren es Wochen, Monate, Jahre gewesen? Ich kann es nicht sagen - hatten sie mich gefoltert, jeder Quadratzentimeter meiner Haut ist aufgeschürft und geschwollen. Ich will diese dunklen Gedanken verdrängen, schließe die Augen, doch hinter meiner Stirn toben sie weiter. Erinnerungen an das Geschehene, ich versuche sie zu verdrängen. Erniedrigung, Qual, der Kampf in meinem Inneren, Wut, Zorn. Sie alle waren nach und nach einem mächtigen Gefühl gewichen, vollkommene Hoffnungslosigkeit. In der Zelle, in der sie mich stundenlang gefoltert hatten, hatte ich gewusst, dass niemand kommen würde um mich zu befreien. Keine waghalsigen Befreiungsaktionen. Niemand würde kommen. Damals hatte mich diese Erkenntnis fast in den Wahnsinn getrieben, doch die Hoffnungslosigkeit, hatte auch dieses Gefühl verdrängt. Als die Soldaten diese Veränderung an mir bemerkten - ich schien keine menschlichen Regungen mehr zu besitzen - folterten sie mich noch stärker. Mit glühendem Eisen hatten sie meine Haut verbrannt, mit Stöcken und Prügeln hatten sie auf mich eingeschlagen, auch vor anderen Grausamkeiten hatten sie nicht halt gemacht, bis ich nur noch ein wimmerndes Stück Dreck am Boden war. Meistens waren sie nach meiner Folter gegangen, hin und wieder jedoch war einer von ihnen noch bei mir stehen geblieben und hatte mich mitleidig angesehen. „Du musst das nicht auf dich nehmen, verrate deine Freunde und wir werden dich nicht mehr foltern“, hatte einer von ihnen mal zu mir gesagt, doch der Gedanke daran war für mich unerträglich gewesen. Nach vielen grausamen und qualvollen Stunden der Folter war plötzlich der Befehl von oben gekommen mich in einen einigermaßen annehmbaren Zustand zu bringen. Ich hatte so viel wie seit Wochen nicht mehr zu essen bekommen, war gewaschen worden, da ich selbst zu schwach war um das selbst zu übernehmen, und war anschließend in eine gelb-schwarz gestreifte Uniform gesteckt worden. Nun gehe ich hier, zwischen den Soldaten und Menschen, die meinen Tod wollen. Sie lechzen nach meinem Blut, wollen, dass ich für meinen Widerstand gegen die Patriarchen bestraft werde. Ich bin auf dem Weg zu meiner Hinrichtung. Ein sanfter Wind streicht über meinen kahlgeschorenen Schädel, so als wollte er mir zu Linderung meiner Leiden verhelfen. Vor mir taucht die Menschenmenge und ein riesiges Ungetüm von Galgen auf, nachtschwarz, furchteinflößend. Ich weiß, dass er mir Angst machen soll, doch inzwischen fühle ich nichts mehr. Gar nichts. Die Menge, die gerade eben noch aufgeregt flüsterte, verstummt und macht mir, dem Todgeweihten, Platz. Vier Soldaten folgen mir auf meinen Hinrichtungsort, mir wird die Schlinge aus kaltem Draht um den Hals gelegt und ein kleiner, dicklicher Mann beginnt neben mir meine Vergehen und Verbrechen aufzuzählen. Ich höre ihm nicht zu, alles war mir schon vorher von meinen Wächtern vorgeworfen worden. Als er endet, geht er ab und ein anderer Mann macht ein Zeichen. Ich höre das Knirschen unter meinen Füßen und hänge plötzlich in der Leere. Mit meinen gefesselten Händen und Füßen, versuche ich wider besseren Wissens irgendwo Halt zu finden. Langsam schwinden mir die Sinne, ich sehe noch die Menschenmenge, die nun aufgeregt zu schreien und zu johlen beginnt, die mich mit Steinen und Dreck bewirft. Schon spüre ich meinen Körper nicht mehr. Mein letzter Gedanke gilt meiner Familie:
Ich habe euch nicht verraten… Ich habe unsere Geheimnisse bewahrt…

___

~Es gibt immer einen Ausweg Richtung Leben~
D'espairs Ray

Riffeth G. Hole Offline

Samsa



Beiträge: 2.349

20.01.2007 19:37
#3 RE: Jeffs Exekution - Intermission Antworten

Wow, ich bin beeindruckt...
Als ich die Headline sah, wollte ich als ersten Comment abgeben, dass Jeffs Sicht überflüssig sei, da er in diesem Moment nicht mehr als eine menschliche Puppe sein sollte, ein seelenloses Ding (durch vor allem psychische Folter innerlich in tausend kleine Stücke zerbrochen), dessen Exekution nur noch eine Art Veröffentlichung und Proklamation des Ablebens darstellen sollte, doch du hast das ganze verdammt gut rübergebracht, auch vom Schreibstil bin ich wieder mal begeistert

*applaus*

Riffeth



Aktion - Reaktion

_angel_ Offline

Sitophil


Beiträge: 133

20.01.2007 22:44
#4 RE: Jeffs Exekution - Intermission Antworten

Ich weiß ein wahres Meisterwerk
Nein ich habe diesen Applaus nicht verdient. Immerhin hast du die Geschichte geschrieben, ich habe nur die Gedanken von Jeff wiedergegeben. Als ich das von dir nochmal gelesen habe, habe ich begonnen mir vorzustellen, wie es für Jeff war. Ich habe es einfach nur niedergeschrieben.

Was mir noch bei deinem Text aufgefallen ist, die Guerillas im Haus haben gehört, was die Menschen draußen gesagt haben... Dabei sind sie doch drinnen, oder? Aber auch wenn das Fenster offen wäre, dann könnten sie es doch nicht so gut verstehen... *überleg*

Was mir noch bei Meinem Text aufgefallen ist: Ich habe einen Fehler drin >.<
Nun gehe ich hier, zwischen den Soldaten und Menschen, die meinen Tod wollen. Sie lechzen nach meinem Blut, wollen, dass ich für meinen Widerstand gegen die Patriarchen bestraft werde. Ich bin auf dem Weg zu meiner Hinrichtung. Ein sanfter Wind streicht über meinen kahlgeschorenen Schädel, so als wollte er mir zu Linderung meiner Leiden verhelfen. Vor mir taucht die Menschenmenge und ein riesiges Ungetüm von Galgen auf, nachtschwarz, furchteinflößend.

Zuerst geht er zwischen ihnen und dann auf einmal ist die Menge vor ihm *argh*
___

~Es gibt immer einen Ausweg Richtung Leben~
D'espairs Ray

Riffeth G. Hole Offline

Samsa



Beiträge: 2.349

21.01.2007 11:34
#5 RE: Jeffs Exekution - Intermission Antworten

a) Das was die Menge, die Exekutive des Patriarchats oder wer auch immer sagt, ist nur für den LEser von Belang, ob sie es hören oder nicht, ist unwichtig.

b) Sie hören eigentlich nur die Worte des ausrufenden Advokats, oder?
Und man darf von dem, der ja zu der ganzen Menge spricht, annehmen, dass er eine sehr laute Stimme hat?
Der Rest ist nur umschrieben "Beleidigungen" "verwünschen" "murmelte etwas" ... usw usf

Und den Fehler bei deinem Text kannst du schnell umschreiben, indem du die Menschen wegstreichst und sagst, er schreitet durch einen dunklen Tunnel und tritt dann auf den hellen, vollen Platz oder so...^^

Gruß,
Hole



Aktion - Reaktion

locked-in-religion ( Gast )
Beiträge:

21.01.2007 21:29
#6 RE: Jeffs Exekution - Intermission Antworten

nicht schlecht nicht schlecht ihr 2 ich finde geschichten die einer beginnt und der andere in ner anderen person weiter schreibt sowieso genial...

whatever,...
Liebe Grüße..

Riffeth G. Hole Offline

Samsa



Beiträge: 2.349

23.01.2007 21:24
#7 RE: Jeffs Exekution - Intermission Antworten

Naja, normalerweise gefällt mir sowas nicht, da man seine eigenen Ideen nicht schön genug umsetzen kann, der schreibstil verändert wird etc etc...

Bin halt ein Lone Wolf^^

Mr.Hole



Aktion - Reaktion

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