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Dieses Thema hat 1 Antworten
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Riffeth G. Hole Offline

Samsa



Beiträge: 2.349

19.01.2007 21:53
Kapitel II Antworten

II.
Sam hob den Kopf, sein Blick war trüb. Er stand nicht, er fühlte sich, als schwebte er. Und er fühlte sich gefesselt, Sam versuchte, sich zu bewegen, doch irgendetwas hinderte ihn daran. Langsam begann er, seine Umwelt wieder klarer wahrzunehmen. Er registrierte, dass er nass war, dass sein Mund brannte und seltsam schmeckte.
Dann schienen sich die Fesseln zu lösen. Er blickte sich um.
Sam saß auf einer Bank, vor einer Kneipe. Er zuckte zusammen, als er das Klicken eines Feuerzeuges vernahm, und drehte den Kopf.
Dort saß ein Mann mittleren Alters, welcher sich gerade eine selbstgedrehte Zigarette anzündete. Er sah beinahe schon furchteinflößend aus: Zwar war er nicht überragend groß, doch zeichneten sich große Muskelpakete unter seinem Hemd ab, und seine Arme endeten in Händen, die beinahe schon die Bezeichnung Pranken verdient hätten. Sein Gesicht war breit und zerfurcht, er hatte eine fliehende Stirn und kleine, messerscharfe Augen.
»Wo binnich?« murmelte Sam, während sein Kopf unkontrollierbar hin- und herschwenkte.
»Du hast ...« begann der Mann zu sprechen – er hatte eine sehr tiefe, ruhige Stimme und sprach langsam – » ... etwas über den Durst getrunken. Ich habe dich hier raus gebracht, weil ich nicht wollte, dass du meine Stammkneipe voll kotzt. Verschwinde jetzt endlich«
Sam blinzelte nur noch und versuchte dann, sich zu erheben. Dieser Versuch gelang, doch der, loszugehen, scheiterte; er fiel unsanft hin, und alles begann, sich doppelt so schnell um ihn zu drehen.
Er hörte, wie die Kneipentür geöffnet wurde, dann eine Zeit nur das Gegröle der Männer innerhalb der Bar, dann wieder die Tür, welche geschlossen wurde.
Das nächste, was er spürte, war ein ungeheurer Schock, als ihm jemandem einen Krug voll eiskaltem Wasser ins Gesicht schüttete.
Er fuhr hoch, und schloss die Augen, als sich wieder alles um ihn zu drehen begann.
»Wie heißtu?« er bemerkte, dass er leicht lallte.
Der Fremde antwortete nicht, und Sam beließ es vorerst dabei.
»Vielleichd ... solldich dann ma gehen?«
»Vielleicht«
Sam erhob sich langsam und wankte die Straße entlang.

Er hatte Mühe, seine Bewegungen zu koordinieren, Sam wankte hin und her und hatte es ab und zu nötig, sich an einem Laternenpfahl festzuhalten, um nicht umzukippen.
Gerade, als er unter einer jener Lichtinseln stand, vernahm er eine Stimme: »Ey, du!!«
Sam hob vorsichtig den Kopf und erblickte einen Mann mittleren Alters mit Vollbart, der mit langsamen Schritten und düsterem Blick auf ihn zutrat. Er packte Sam am Kragen und drückte ihn gegen die nächste Wand, heraus aus dem Lichtkegel der Laterne, während er ihm Sachen zubrüllte, die er nicht verstand. Er schnappte Worte wie »Frau« und »Geld« auf und merkte trotz seiner eigenen Alkoholisierung, dass dieser Mann sturzbetrunken war.
Sam nahm eine Bewegung wahr und das nächste, was er registrierte war eine Welle aus Schmerz, die seine linke Gesichtshälfte lähmte.
Die Gestalt hob ihn mit den Kräften eines Bären hoch und warf ihn in hohem Bogen auf die Straße. Sam nahm das alles durch einen roten Schleier wahr, er erkannte den Angreifer, der wie ein schwarzer Monolith in dem Meer aus Rot stand, er sah hilflos zu, wie er immer größer wurde und – plötzlich in sich zusammenbrach, und im gleichen Moment ein Schatten, der über ihn hinweghuschte.
Als sich seine Wahrnehmung geklärt hatte, erblickte er eine seltsame Szene.
Sein Angreifer war am nassen Boden ausgerutscht und griff mit fliegenden Fingern an sich herum, der Schemen, der über ihn hinweggesprungen war, entpuppte sich als der Mann, der ihn aus der Bar getragen hatte. Dieser Mann rappelte sich nun auf und raste wie ein wild gewordener Stier auf den Angreifer zu.
Erst, als er den Schuss vernahm, bemerkte Sam, wie leise es eigentlich die ganze Zeit gewesen war. Der Mann aus der Bar riss Sams Angreifer mit der Kraft einer Abrissbirne von den Füßen und schlug ihn an die nächste Wand. Mit einem knackenden Geräusch brach dessen Schädeldecke.
Mit vorsichtigen Bewegungen richtete sich Sam auf. Sein Blick fiel auf das blutüberströmte Gesicht des Mannes und ein Schauer lief ihm über den Rücken.
»Sie ... Sie haben mich gerettet!« murmelte er.
»Ich habe ihn umgebracht. Wäre dieser ungeschickte Trunkenbold nicht hingefallen, hätte ich ihn ganz einfach bewusstlos geschlagen. Ich habe mich aus dem Konzept bringen lass-« Sein Retter war gerade damit beschäftigt gewesen, den Leichnam zu durchsuchen und war auf dessen Brieftasche gestoßen.
»Verfluchte Scheiße« keuchte er. Sam fuhr alarmiert hoch. »Was ist?«
»Frank Jorsson. Stadtwachtbeamter zweiten Ranges. Wir müssen die Leiche hier wegschaffen« sagte er, während er sich den Leichnam über die Schulter warf »bevor sie-«
Ein Schrei ließ sie herumfahren, in einer Gasse war ein dreiköpfiger Trupp von Stadtwachtbeamten erschienen, die nun die Augen aufrissen und ihre Pistolen zogen.
Doch Sams Retter reagierte geistesanwesend; er warf den Leichnam auf die drei Beamten.
Dieser fing die erste Kugel ab, die anderen beiden waren durch den Angriff so verstört, dass die Kugeln nicht mal in Sams Nähe kamen.
Sein Kamerad hatte jetzt zwei Revolver gezogen; einer war sein eigener, der andere hatte dem Stadtwachtbeamten gehört, den er getötet hatte. In diesem Moment war der Kampf entschieden: Er feuerte mit der Präzision eines Chirurgen genau drei Kugeln ab, die allesamt trafen. Drei Körper schlugen am Asphalt auf.
Sams Retter sah sich gehetzt auf dem Platz um, er analysierte die Gegend direkt: Überlegte jede Richtung, jede Nische, in die sie fliehen könnten.
Schließlich packte er Sam, warf ihn sich wie einen Sack über die Schulter und sprintete los. Er zielte auf eine Straße, die vom Platz abzweigte, doch da erschien ein weiterer Trupp der Stadtwacht: Entweder jemand hatte sie wegen des Lärms alarmiert, oder er hatte einen Beamten übersehen, der geflohen war ...
Er sah die Beamten die Straße entlang laufen, es waren mindesten ein Dutzend.
Für einen Moment dachte Sam, sein Freund würde aufgeben – er hätte es längst getan – zu diesem Zeitpunkt kannte er seinen Gefährten noch nicht, deshalb konnte er nicht wissen, dass dies ein Mann war, der praktisch NIE aufgibt.
Er packte Sam und warf sich mit ihm durch ein naheliegendes Fenster.
Sam spürte, wie der Griff seines Freundes sich lockerte. Er stand gerade auf und verbarrikadierte das Fenster mit einem naheliegenden Regal. Sam konnte seine Umwelt nur schwer ausmachen, doch es schien ein größeres Geschäft zu sein, in dem sie sich befanden, ein Lebensmittelmarkt.
»Verdammt ... was machen wir jetzt?« Sam war fertig. Hier drinnen waren sie eingesperrt – dort draußen wären sie tot.
»Ich verbarrikadier alle Luken, du musst mir ein paar...«
»Könntest du mir vorher zuerst einmal deinen Namen sagen?« unterbrach Sam seinen Partner.
»Du nennst mich Faust. Also, du musst ein paar Dinge besorgen: Hochprozentigen Alkohol, Küchenpapier, Mehl, ein paar Behälter, Schnur, Wasser, Natrium, Kohle ... und alles, was brennbar aussieht. Mach schnell!!«
»Natrium? Wo finde ich das?«
»Solltest du es nicht finden, nimm notfalls irgendeinen Rostlöser«
Ohne ein weiteres Wort verschwand ›Faust‹ im Dunkeln.
Sam sah sich alleine im Dunkeln um. Bei solcher Finsternis würde er diese Dinger niemals finden! Er tastete sich voran und fand bald schon einen Zeitungsständer. Er packte einen dicken Packen Zeitung und suchte weiter nach etwas Länglichem.
Bald schon hatte er einen Besen gefunden, den er in der Hälfte durchbrach, die Zeitung darumwickelte und die provisorische Fackel anzündete.
Lange würde das Ding nicht halten, doch das musste es auch nicht.
Als er sich umsah, bemerkte er auch gleich zwei metallene Kübel, einer voll mit Wasser, der andere leer, die neben dem Besen gestanden waren.. Sam nahm den einen mit, den mit dem Wasser würde er sich später holen. Er bahnte sich seinen Weg durch das Labyrinth von Regalen, gleich zu beginn fand er das Mehl, er warf eine Packung davon in den Kübel und setzte seine Suche fort; auch die Schnur und das Küchenpapier entdeckte er gleich darauf.
Auch den Alkohol brauchte er nicht lange zu suchen ... nachdem er die Flaschen einige Augenblicke lang studiert hatte, entschied er sich für das stärkste Alkoholikum, einen fünfundsiebzigprozentigen Weingeist, und nahm drei Flaschen. Die Kohle fand er in braunen Säcken in einem der letzten Winkel des Geschäfts.
Das Natrium erwies sich als echtes Problem, doch als er einige Rostlösemittel gefunden hatte, entdeckte er daraufhin auch gleich ein paar kleine Päckchen, die den gesuchten Stoff enthielten.
Er schleppte als das Zeug mühsam zu dem Platz, an dem sich Faust und er getrennt hatten.
Sein Gefährte wartete dort schon auf ihn.
»Gib das Mehl und die Kohle her!« zischte er. Er hielt ein Rohr, das wohl ehemals dem Aufbewahren von Zeitungen gedient hatte, riss eine der Verschlusskappen ab und leerte das Mehl hinein.
Dann legte er einige der Holzkohlestücke auf den Boden und zertrat sie mit seinen Stiefeln zu schwarzem Staub.
Diesen Vorgang wiederholte er, bis das Rohr zu zwei Dritteln gefüllt war, dann stach er mit einem Messer ein Loch in den Deckel.
Er leerte den Inhalt einer der Weingeistflaschen in den Eimer und wischte daraufhin die Flasche mit dem Küchenpapier trocken. Dann wickelte er sie in das Küchenpapier ein und zerbrach sie so leise wie möglich. Die einzelnen Scherben fügte er dem Kohle-Mehl-Gemisch hinzu. Danach umwickelte er ein Stück der Schnur mit etwas Küchenpapier und steckte die provisorische Lunte in das Loch und schloss das Rohr.
»Was ... was machst du da?«
»Eine Bombe«
»Und ... das soll funktionieren?«
»Wird es. Sobald sie angreifen, tränkst du die Lunte im Alkohol, schüttelst das Ding, so fest du kannst, zündest die Lunte an und wirfst es. Dann duckst du dich«
Als nächstes wandte er sich dem Weingeist zu.
»Eines habe ich vergessen ... bring mir Öl. Irgendeines, Speiseöl, Motoröl ... was du findest.«
Sam eilte, suchte eine Weile und fand schließlich ein Regal, in dem sich ein paar Flaschen Speiseöl befanden. Er packte zwei davon und kehrte zu Faust zurück.
Der hatte in der Zwischenzeit zwei Flaschen Weingeist zu Molotow-Cocktails umfunktioniert.
»Ich hoffe, das funktioniert. So, nun leer das Öl vor die Tür. Das ist der einzige Platz, an dem sie reinkommen können. Der Laden hat nur zwei Fenster, und beide habe ich absolut unzugänglich gemacht. Sollten sie dort versuchen, reinzukommen, brauchen sie drei Dutzend mal so viel Zeit, wie ich brauche, um sie zu töten« teilte er ihm mit.
Während Sam das Öl vor der Tür ausgoss, holte Faust etwas ganz anderes hervor: Es war ein metallener Zylinder, den Sam sogleich als Feuerlöscher identifizierte.
Faust öffnete den Feuerlöscher und leerte das Natrium zu dem Wasser hinein. Sofort begann die Mischung zu schäumen.
»Das« sagte er bestimmt, als er den Feuerlöscher wieder schloss »Ist Ätznatron. Sollten welche der Kerle zu dir kommen, pfefferst du ihnen das Gemisch ins Gesicht, es wird ihnen nicht gefallen.«
»Das werde ich nehmen« Faust deutete auf den Kübel mit Alkohol »Mach jetzt die Fackel aus, die fällt zuviel auf. Versteck all das Zeug, wir können diesen Kampf nur gewinnen, wenn wir die Überraschung total auf unserer Seite haben! Sie haben sich zu lange still gehalten ... Das gefällt mir nicht. Entweder, sie haben nicht mitbekommen, in welches Haus wir verschwunden sind und klappern im Moment alle ab ... oder sie rufen Verstärkung, bevor sie einfallen«
»Oder ...« fügte er nach einer Pause hinzu »...beides.«
Sam machte sich bereit, während Faust sich wieder entfernte.
Immer wieder hörte er die Stimmen von vorbeieilenden Beamten, Schritte, die lauter und leiser wurden, Geräusche von brechendem Holz, ab und zu ein verirrter Lichtstrahl.
Alle seine Muskeln waren bis aufs äußerste gespannt, und er schrie um ein Haar laut auf, als Faust plötzlich wieder hinter ihm auftauchte.
»Du hast eine Waffe, oder?«
Sam nickte und holte wie als Beweis seinen Revolver hervor, den er zum Glück aus Angst vor den Punks beim Verlassen seiner Wohnung noch einmal voll geladen hatte.
»Gut. Du wirst kaum eine zweite benötigen, du hast genug mit unseren provisorischen Waffen zu tun« meinte Faust.
»Ich behalte mir dafür das hier« Er holte eine Lupara, eine abgesägte Schrotflinte hervor.
»Die hatte der Ladenbesitzer unterm Tresen verstaut. Wohl als Verteidigung gegen Räuber«
Noch bevor Sam dazu irgendetwas sagen konnte, knallte es an der Tür.
Sam schluckte den Kloß, den er im Hals hatte, hinunter. Es ging also los.



Aktion - Reaktion

locked-in-religion ( Gast )
Beiträge:

21.01.2007 20:56
#2 RE: Kapitel II Antworten

ach diese schriftsteller immer beim spannensten aufhörn ^^

whatever,...
Liebe Grüße..

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