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 Feder & Papier
Riffeth G. Hole Offline

Samsa



Beiträge: 2.349

26.05.2007 22:02
Inferi Antworten

Eine Geschichte, in der ich eine gewisse Gesellschaft und ihre Bewohner genau darstellen will.



Inferi


»Maron … Maron!« Aliv eilte seinem Freund, der noch immer nicht reagierte, hinterher packte ihn an der Schulter und baute sich vor ihm auf. Marons Blick war kurz verwirrt, dann schien sich Freude über die Anwesenheit seines Freundes in ihm auszubreiten.
»Hallo Bruder. Wie geht’s?«
»Du warst schon wieder abwesend. Langsam mache ich mir sorgen, ehrlich. In letzter Zeit passiert selbst DIR das zu oft. Was ist los?«
»Nichts. Komm schon, wenn man sich mit derartig komplexen Dingen wie Magie beschäftigt, ist es normal, dass einem ab und an der Geist entgleitet«
Aliv sah ihn missmutig an. »Schon mal was von schlafen gehört?«
»Du weißt genau, dass das nichts mit Müdigkeit zu tun hat«, sagte er scharf – zu scharf, wie er gleichzeitig bemerkte und Aliv einen entschuldigenden Blick zuwarf, »Ich meditiere täglich fast fünf Stunden« fügte er dann hinzu.
»Meditieren«, antwortete Aliv belegt, »ist nicht schlafen.«
»Ach bitte, beides hat die gleiche Wirkung« – »Sich hinsetzen, den Körper zu verkrampfen und Gebete zu N’ka’atash zu sprechen hat ganz bestimmt NICHT die gleiche Wirkung wie eine gute Mütze voll Schlaf.«
»Es ist nicht einfach hinsetzen und beten!« Maron schrie jetzt fast.
»Bruder … beruhig dich« ein fast flehender Gesichtsausdruck erschien in Marons Zügen. Aliv klopfte ihm auf die Schulter und ging ohne ein Wort weiter. Maron war in letzter Zeit immer so … aufbrausend. Er war unsicher. Aliv merkte das.
Maron war nicht der einzige Mensch in seiner Gruppe, doch viele waren das nicht. Die meisten waren teilweise Martiale, »Dämonen«, wie sie die menschlichen Bauern in Angst nannten, wenn sie von den bösartigen Übeln unter dem Erdboden sprachen. Sie taten sich viel leichter mit dem Entfesseln archaischer Mächte, weil ihr Blut und ihr Geist anders beschaffen war, und egal, wie sehr sich Maron anstrengte, wie viel er lernte, übte, er tat sich immer schwerer als die Martialen.
In der Alchemie allerdings war er durch seinen großen Eifer auch bei den besseren, da Alchemie leichter lernbar war, jedoch viel mehr Gefühl und Übung brauchte. Das war auch seine Haupteinnahmequelle, mit der er das teure Magiestudium bezahlte.
Aliv folgte dem Gang, bis er an der Tür, die in sein Dormitorium führte, angekommen war. Nachdem er eine Sekunde verharrt hatte, betrat er den Wohnraum, von dem zwei Türen ausgingen – eine in Alivs Schlafkammer, die andere in die Marons – und die wie alle Räume der nichtadeligen Stände sehr spartanisch eingerichtet war. Der größte Luxus war wohl die gepolsterte Bank vor dem Kamin, neben der auf einem Tischchen die oft benutzte Kristallpfeife und in kleinen Papiertütchen daneben kristalline Opiate lagen, von denen Aliv jetzt das Gefühl hatte, sie forderten ihn geradezu auf, sie zu rauchen.

Als Maron den Raum eine halbe Stunde später betrat, war die Luft voll mit dem bittersüßen Geruch der glühenden Kristalle und deren grünlichem Rauch.
Aliv schien schon benommen von dem Rauschmittel, denn er begrüßte ihn erst, als er schon wieder bei der Tür zu seinem Zimmer aus dem Raum gestürmt war.
Alivs Frage, ob er auch einmal ziehen wolle, blieb unbeantwortet. Als die Pfeife nach einer weiteren Viertelstunde nichts mehr hergab, sank der berauschte Aliv in einen Traum voll bunter Farben und formen, an den er sich später nicht mehr erinnern sollte.

Die Schleier lichteten, die Farben änderten sich, für einen Moment war er noch im Halbschlaf, dann erkannte er das Gesicht, das sein Blickfeld vollständig ausfüllte und ihm offensichtlich etwas zurief.
»Ja ja, ich bin wach« gähnte Aliv. Maron hatte seine Kampfkleidung angelegt: Die schwere Robe, Panzerung an Armen und Brust und schwarz bemaltes Gesicht – er fragte sich, wann die Alliierten endlich merken würden, dass die meisten von ihnen einfach Menschen wie sie waren.
»Was ist los?« Aliv streckte sich und stand auf.
»Ein mittlerer Trupp Alliierte hat die Unterwelt betreten. Wir sollen sie begrüßen«
Aliv nickte, bat Maron um »Etwas Erfrischendes« und machte sich seinerseits daran, Kriegsbemalung und Kampfkleidung anzulegen, was im Klartext hieß, dass er seinen Oberkörper entblößte, seinen verstärkten Kampfrock, Stiefel und die zwei Krummsäbel – den einen, schweren, mit Widerhaken versehenen und den anderen, leichten.
Zur Sicherheit packte er noch ein halbes Dutzend Wurfmesser ein, man konnte nie wissen. Bevor er mit Maron den Raum verließ, griff er noch nach dem Paar Handschuhe und nahm von seinem Freund eine kleine Phiole entgegen – das »Erfrischungsgetränk«.
Sie trafen die restlichen vier in der Aula: Ein weiterer »leichter Kämpfer«, so wie er selbst fast ohne Rüstung und nur mit leichter Bewaffnung, ein schwer gepanzerter und mit einem Zweihänder bewaffneter Krieger, ein »Schleicher«– das »Erfrischungsgetränk«.
Sie trafen die restlichen vier in der Aula: Ein weiterer »leichter Kämpfer«, so wie er selbst fast ohne Rüstung und nur mit leichter Bewaffnung, ein schwer gepanzerter und mit einem Zweihänder bewaffneter Krieger, ein »Schleicher« - diese gänzlich in Tücher und Bandagen gehüllten Zeitgenossen waren bei den Alliierten dafür gefürchtet, sich durch Tränke unsichtbar machen zu können, und ein Halbelf, bewaffnet mit Pfeil und Bogen.
Die Anwesenheit des Halbelfen registrierte er missmutig, war aber froh, dass sie keinen Sadiru mitgebracht hatten, denn die Halbelfen waren zumindest nicht so arrogant wie die.
Sadiru, auch »Schwarzelfen« genannt, waren die hochmütigsten Wesen, denen Aliv je begegnet war. Sie ließen sich praktisch nie dazu herab, mit Angehörigen »niederer« Rassen zu sprechen, kämpften immer, als wären sie die einzigen, ohne mit anderen Taktiken auszuarbeiten und wie man es geschafft hatte, sie für die Dienste hier zu engagieren, war Aliv bis heute ein Rätsel. Immerhin bedeutete das, sich jemandem unterzuordnen! Wahrscheinlich war es nur mit ungeheuren Mengen Geld, Macht, Ruhm und anderen Überzeugungen möglich gewesen. Sadiru waren hochgewachsen, schmal, aber nicht schwach. Ihre Haut war hell, doch ihre Augen schmal und dunkel, als würden sie sich schminken – was Aliv ihnen sogar zutrauen würde.
Sie besprachen schnell die Lage ihres Feindes und machten sich dann auf: Aliv, der andere, der Schleicher und der Halbelf würden zum Zielort über viele kleine, enge Abkürzungen springen und laufen, Maron auf magischem Wege und der Schwere auf einem »blinden Reh«, einem Augenlosen, sehr schnellen und an die Bedingungen in der Unterwelt angepassten Pferd, dort hingelangen.
Gemeinsam verließen sie die Gemeinschaft und daraufhin den Stadtkomplex, dort trennten sich ihre Wege, nachdem sie noch einen provisorischen Plan entworfen hatten. Ein Dutzend Feinde, zwei Magier, sechs Schwerkämpfer, zwei Bogen- und zwei Armbrustschützen. Die Armbrustschützen würden als erste ausgeschaltet werden müssen, die Magier aber waren die gefährlichsten. Doch die wiederum brauchten Zeit, um mit Zaubern anzugreifen; Zeit, die die tödlichen Pfeile und bolzen der Schützen nicht benötigten.
Die vier sprangen auf einen Felsvorsprung, von diesem auf ein größeres Plateau. Über ihnen, drückend und schwer, der nachtschwarze »Himmel« der Unterwelt, der aus dem steinernen boden der Oberwelt bestand.
Sie liefen, schnell und mit kleinen Schritten, lautlos wie die Mäuse, über das Plateau und sprangen auf den nächsten, großen Felsvorsprung. Von da aus gelangten sie mit einem kleinen – vier Meter – Sprung zum Eingang einer Höhle. Der Halbelf hatte Dank seiner Fähigkeit, auch im Dunkeln sehen zu können, kein Problem, sich in der Finsternis der Höhle zurechtzufinden. Die restlichen liefen gebückt, nicht mehr mit voller Geschwindigkeit und mit vorgestreckten Armen den Gang entlang.
Zuerst links, dann rechts abbiegen, dann wieder links Aliv berührte den Stein der Höhlenwände nicht einmal, so genau wusste er, wann er abzubiegen hatte. Als er das trübe Licht der Unterwelt wieder erblickte, beschleunigte er seinen Schritt und stellte nach dem nächsten Sprung fest, dass der Elf nicht mehr bei ihnen war. Höchstwahrscheinlich hatte der eine andere Abzweigung genommen.
Er ließ einige Sekunden verstreichen, nach denen auch die anderen aus der Öffnung kamen, dann sah er sich um. Er stand nun vor einer schmalen Schlucht und wog kurz ab, ob es klüger wäre, sie hinunterzusteigen und zu verfolgen, um zum Treffpunkt zu kommen oder ob er sie überspringen und obenauf hinüberlaufen solle.
Aliv entschied sich – einerseits wegen etwas Übung, die nicht schaden konnte, andererseits wegen dem geringeren Höhenunterschied zum Boden ersteres.
Mit einem Satz sprang er an die Wand, klammerte sich fest und stieß sich wieder ab, klammerte sich wieder fest und sprang von da auf einen Vorsprung, der sich wie eine Empore an die Schluchtenwand schmiegte und rannte sie entlang.
Kurz bevor er das Ende der Schlucht erreichte, merkte er, dass die Alliierten schon in Sichtweite waren.
Hinter ihm blieben der zweite Kämpfer und der Schleicher stehen. Er gab ihnen stumm zu verstehen und nickte dem Schleicher zu. Der trank seine Phiole leer und sprang hinunter. Aliv wusste, dass der Trank einige Minuten brauchen würde, und je länger er ruhig stehen blieb, desto stärker wurde die Müdigkeit, die in seine Glieder zurückzukriechen begann. So kramte er ebenso seine Phiole hervor und trank. Fast Augenblicklich fuhr ein Schauder, wie ein Stromschlag, durch seinen Körper und er fühlte sich hellwach.
Maron stand schon bereit im Schatten mitten in einer Spalte zwischen zwei Felsen und nickte, er war bereit.
Jetzt war es nur noch eine Frage von Sekunden, bis den zwei Armbrustschützen die Kehle durchgeschnitten werden wird, der Halbelf, der gerade auf einem Felsplateau weiter oben erschienen war, spannte seinen Bogen.
Ein kurzes Flimmern in der Luft, ein erstickter Schrei und – ein langsam zu Boden gleitender Leichnam.
Einige Momente merkten sie nichts, da schrie einer der Magier plötzlich etwas, und die gepanzerten Gardisten fuchtelten wie wild mit ihren Schwertern herum. Der zweite Armbrustschütze konnte noch abdrücken, bevor ihn ein Pfeil zwischen die Schulterblätter traf und auch er zusammensackte. Der Bolzen blieb in der Luft stecken, verharrte dort einige Momente und sank dann langsam zu Boden – Verdammt! Sie haben den Schleicher erwischt!
Zu diesem Zeitpunkt hatten sich Aliv und der andere Kämpfer längst auf die Gardisten gestürzt und einen wilden Kampf begonnen. Ein Traben kündigte die Ankunft des Kriegers an, der daraufhin auch schon einen Magier niederritt und mit seinem mächtigen Zweihänder auf einen Gardisten einhieb.
Der verbliebene Magier war damit beschäftigt, sich mit Maron zu duellieren.
Der Halbelf hatte sich, nachdem er ein halbes Dutzend Pfeile geschossen hatte, mit zwei langen Dolchen in den Kampf gestürzt.
Sie schienen sich ganz gut zu halten, als plötzlich etwas unvorhergesehenes passierte. Das blinde Reh wieherte wie verrückt, brach zusammen und begrub den Krieger unter sich. Fast ein Dutzend mit leichten Lederrüstungen gepanzerte Krieger, teils mit Bogen, teils mit Kurzschwertern bewaffnet, war erschienen.
Banditen! fuhr es Aliv durch den Sinn Seit wann haben die hier was zu suchen?
Der andere Kämpfer schrie auf; in seinem Bauch steckten drei oder auch vier Pfeile.
Das Blatt wendete sich, plötzlich wurde ihr auf drei Männer zusammengeschrumpfter Trupp immer weiter zu einer Felswand gedrängt.
Maron stand plötzlich neben Aliv, schwer keuchend und mit einer Platzwunde an der Stirn. Der andere Magier sah kaum besser aus, konnte sich aber hinter mehr Kämpfern verstecken.
Sie hatten sie eingekreist. Aliv, Maron und der Halbelf standen an der Felswand an, während die anderen weiter näher kamen.
Die Söldner hoben ihre Bogen, Aliv schaute gehetzt, ob er irgendwohin fliehen könnte, doch es war unmöglich; die Wand war zu glatt und die ersten benutzbaren Vorsprünge waren viele Meter über ihm.
Er wollte losrennen, sich mit seinen Waffen in den Tod stürzen und noch so viele von den Bastarden mitnehmen, wie er konnte, doch Maron legte seine Hand auf seine Brust und hielt ihn zurück. Sein Blick war plötzlich … anders, dunkel.
Er schrie, ein Laut wie von einem wilden Tier, riss seinen Stab in die Höhe und ließ ihn auf die Erde niedersausen.
In diesem Moment schnellten die Pfeile von den Bögen.
Die nächste Sekunde kam Aliv wie eine halbe Ewigkeit vor. Die Pfeile sirrten auf sie zu, da das Ende von Marons Stab zu leuchten. Nun, leuchten war das falsche Wort. Es »leuchtete« grau. Plötzlich schien sein Stab der Mittelpunkt eines Strudels zu sein, der alle umliegenden Objekte in sich aufnahm – und auch die Pfeile.
Je mehr Dinge er in sich aufnahm, desto größer schien er zu werden. Im nächsten Augenblick hatten die Krieger schon Mühe, sich dem Sog zu entziehen, wollten zurückweichen, wurden aber dennoch in die Richtung gezerrt. Als sie nahe genug an Maron herangezogen worden waren, wurden sie plötzlich, als wären sie aus Staub, in den Mittelpunkt gesogen und verschwanden dort.
Immer weiter breitete sich dieser Strudel des Grauens aus, erreichte nun schon die Söldner und zerrte auch diese in seinen Ursprung. Doch nicht nur sie traf es: Auch der Halbelf, der, anders als der etwas hinter Maron stehende Aliv, etwas abseits gestanden war, wurde in die Richtung gerissen und eingesogen.
Als der letzte der Feinde im Wirbel verschwunden war, warf Maron seinen Stab mit einem Schrei von sich und fiel bewusstlos zu Boden.


Aktion - Reaktion

Nerous »»
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